Standpunkt des IfM-Bonn: Nachfolger gesucht?!
Willy Bogner, Coppenrath & Wiese – in jüngster Zeit haben zwei namenhafte Familienunternehmen mit Hiobsbotschaften aufgewartet, obwohl sie in ihrem jeweiligen Marktsegment äußerst erfolgreich sind: Beide Mittelständler haben es verpasst, rechtzeitig einen Nachfolger zu bestimmen.
Ein Problem, das in vielen mittelständischen Unternehmen zu beobachten ist: Die Eigentümer, die oft mit viel persönlichem Einsatz ihr Unternehmen gegründet und vorangebracht haben, warten bis zum letzten Moment mit der Regelung ihrer Nachfolge. Grund hierfür ist das Phänomen, das mittelständische Unternehmer eine Übergabe bevorzugt familienintern regeln wollen - frei nach der Devise "Das Unternehmen war seit über 150 Jahren in der Familie und wird es auch künftig bleiben." Dabei ist oftmals schon länger absehbar, dass dies nicht funktionieren wird - sei es aufgrund fehlender Befähigung, mangelnder Neigung oder auch zu geringer Bereitschaft der Kinder, ihr Leben für das Unternehmen aufzuopfern. Jeder Eigentümer sollte sich daher rechtzeitig die Frage stellen, was aus seinem Unternehmen werden soll, wenn er aus der Führung ausscheidet. Und zwar so unsentimental wie möglich. Denn nur dann kann er auch noch Einfluss auf die wesentlichen Fragen seiner Nachfolge nehmen - und damit auf die Weiterentwicklung seines Lebenswerkes: Was will er wem, wann übergeben und zu welchem Preis? Und was wären ebenfalls vertretbare Lösungen, wenn die Wunschlösung nicht realisierbar ist? Hierbei gilt es zu bedenken, dass die eigene Verhandlungsposition umso schwächer wird, je näher der Zeitpunkt der Übergabe heranrückt: Dann ist es unter Umständen nicht mehr möglich, einen qualifizierten Wunschnachfolger mittelfristig als Nachfolger aufzubauen. Doch auch im Hinblick auf den Verkauf ist eine frühzeitige Suche nach einem geeigneten Käufer sinnvoll. Denn unsere Untersuchungen zeigen, dass die Suche und Auswahl eines passenden Nachfolgers Zeit bedarf. Grund hierfür ist, dass viele Unternehmer Ziele wie "Erhalt der Arbeitsplätze" oder "Weiterführung des Unternehmensnamens" beim Verkauf des Familienunternehmens verfolgen - weshalb nicht jeder Käufer in Betracht kommt. Zudem stehen die Preisverhandlungen mit potenziellen Käufern unter einem anderen Stern, wenn der jetzige Eigentümer noch nicht gebrechlich ist, sondern das Unternehmen mit voller Tatkraft führt.
In den nächsten Jahren steigt, bedingt durch den demografischen Wandel, die Anzahl der mittelständischen Unternehmen kontinuierlich, die vor einer Übergabe stehen. Schließlich macht die Alterung der Erwerbsbevölkerung auch vor den Unternehmern nicht halt. So werden unseren Schätzungen zufolge bis 2018 in Deutschland jährlich etwa 27 000 Unternehmen einen Nachfolger benötigen, wovon rund zwei Millionen Mitarbeiter pro Jahr betroffen sind. Im Prinzip - und das ist die gute Nachricht - ist nach Schätzungen des IfM Bonn des ifh Göttingen keine Nachfolgerlücke zu erwarten. Außer das Unternehmen liegt in einer weniger attraktiven Region oder es ist in einer Branche angesiedelt, die per se unter Nachwuchsmangel leidet. Hier gilt es auch bisher wenig berücksichtigte Personengruppen wie Frauen oder Migranten als potenzielle Nachfolger in Betracht zu ziehen.
Die schlechte Nachricht: noch immer wird viel zu lange mit der Nachfolgeplanung gezögert. Wer eine Übergabe beabsichtigt, sollte dies bereits sehr lange bevor er sich zurückziehen will, planen und angehen. Schließlich stellt die Vorbereitung den Unternehmer vor Aufgaben, die nicht zum Alltagsgeschäft gehören, und nicht jeder Unternehmer kann oder möchte sich auf die Nachfolge spezialisierte Berater leisten. Letztlich darf man aber auch nicht außer Acht lassen, dass eine rechtzeitig vollzogene Übergabe Chancen für das Unternehmen bietet: Unsere Untersuchungen zeigen, dass unabhängig von der Größe des übernommenen Unternehmens ein Großteil der Nachfolger nicht nur notwendige Investitionen realisiert, sondern auch neue Ideen, Produkte oder Verfahren einbringt. Diese Maßnahmen wirken sich in der Regel positiv auf die Unternehmensentwicklung und die Rentabilität aus – mal ganz abgesehen davon, dass eine erfolgreiche Nachfolge den Fortbestand des Unternehmens sichert. Und ist dies nicht letztlich der wahre Wunsch der meisten Alteigentümer?
Der Standpunkt ist auch erschienen im Handelsblatt, 01.10.2014, S. 48
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